Klassisches Projektportfoliomanagement
Im klassischen Aktienportfolio wählt man diejenigen Papiere aus, die zur eigenen Anlagestrategie passen und den größtmöglichen Ertrag erhoffen lassen. Bezogen auf Projektportfoliomanagement bedeutet das, dass ausschließlich die ertragreichsten Projekte gewählt werden. Ertrag kann je nach Organisation tatsächlicher Umsatz, potentieller zukünftiger Produktumsatz oder der strategische Nutzenbeitrag sein.
Sehen wir uns den klassischen Standardprozess dazu kurz an: Zu einem bestimmten Zeitpunkt zwischen Anfang und Mitte des Geschäftsjahres beginnt der Planungskalender des Folgejahres. Er legt eine Kombination folgender Schritte fest:
- Festlegen der Geschäftsstrategie für das kommende Geschäftsjahr
a) Aufspalten der Strategie in Unterziele
b) Gewichtung konkurrierender Ziele
c) Erarbeitung eines gewichteten Bewertungskataloges zur Beurteilung der strategischen Relevanz eines Projektes (In diesen Katalog gehen natürlich auch „Must-Kriterien“ wie gesetzliche Anforderungen etc. ein)
- Sammeln aller Projektanträge (Man spricht hier vom „Demand“.)
- Durchführen der Bewertung. Die Bewertung wird hierbei entweder vom Antragsteller selbst oder aber in Form eines konzertierten Vorgehens von mehreren involvierten Parteien (z.B. IT und Fachbereich getrennt) durchgeführt. Das Ergebnis ist typischerweise eine Punktzahl oder ein Prozentwert, der angibt, wie gut der Antrag zur Geschäftsstrategie passt.
- Zum Ende einer bestimmten Deadline werden alle Anträge nach strategischem Fit sortiert.
- Die „Gewinner“ der ersten Runde werden beauftragt, eine Grobplanung und finanzielle Abschätzung durchzuführen.
- Im Anschluss findet die Planung für die nächste Fiskalperiode statt. Im einfachsten Fall wird hierzu die Liste nach strategischem Fit sortiert und solange genehmigt, bis kein Geld mehr vorhanden ist. Natürlich ist dabei auch darauf zu achten, dass die benötigten Ressourcen vorhanden sind.
- Die gewählten Projekte werden genehmigt. Im laufenden Jahr wird anschließend überwacht, dass die Projekte ihre ursprüngliche Planung einhalten oder sich im Notfall aus einem vorher festgelegten „Change-Request-Budgettopf“ bedienen dürfen.
- Kurz nach Freigabe des Portfolios für das Folgejahr beginnt der Planungskalender des Folgejahres.
Dieser Prozess für Projektportfoliomanagement wirkt an sich nachvollziehbar und stabil. Noch viel besser: Er sieht aus wie eine wunderbare Mechanik, die planbar, stabil und reproduzierbar abläuft. Schließlich gewinnt immer das Projekt mit dem größten Strategiebeitrag den Kampf um die wertvollen Ressourcen.
Leider passt dieser Prozess trotz seiner augenscheinlichen Schönheit nicht recht in die reale Welt. Im zweiten Teil dieser Reihe beschäftigen wir uns daher mit den Problemen eines klassischen PPM-Prozesses.