Klischees und ihre Ursachen
Hier gehen wir einen Schritt zurück und führen uns einen ersten Punkt vor Augen: Beide Seiten eint normalerweise das Ziel, dem Kunden zum vereinbarten Termin ein tolles Produkt zu liefern. Das Problem ist, dass man sich im Alltag meist nicht zu Meetings trifft, um allgemeine Mission Statements abzugeben, sondern um zu besprechen, was JETZT gerade wichtig ist. Das Management, im Geiste schon bei der Ressourcenplanung für die nächsten Projekte, will wissen, ob bestimmte Schlüsselressourcen wie vereinbart zum Stichtag frei sein werden. Der Produktmanager öffnet Jira und verweist auf einen Burn-Down-Graph, der es zunehmend unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass alle Stories des aktuellen Sprints zu dessen Ende abgeschlossen werden können. Gleichzeitig tut er sich aber schwer, eine Prognose abzugeben, die über die nächsten 12 Wochen hinausreicht. Klischees und Vorurteile werden aktiviert. „Das Management versucht uns doch ins Wasserfallmodell zu drängen.“ oder „Beim agilen Arbeiten wird wohl alles so irgendwann fertig.“ sind klassische Vertreter.
Dabei ist es ganz selbstverständlich, dass das Management terminliche Zusagen machen muss. Ebenso wie es selbstverständlich ist, dass nicht jede Story ein glückliches Ende nimmt. Ebenso, wie im Wasserfallmodell nicht jeder Milestone erfüllt wird.
Das Problem ist, dass agiles Arbeiten von seiner Grundhaltung her darauf ausgelegt ist, diese Tatsache zu akzeptieren – und das zeigt sich in der verwendeten Sprache ebenso wie in den Tools, die verwendet werden, um Fortschritte darzustellen und Prognosen zu geben. Flexibilität ist Teil der Methode und typischen agilen Tools merkt man das auch an. Das heißt nicht, dass agile Teams „nie fertig werden“ oder „irgendwann fertig werden“. Es bedeutet nur, dass agile Teams mit Tools und Methoden arbeiten, die zwar hervorragende Ergebnisse auf der Ebene der Umsetzung erzielen, es aber erschweren, die Art von klaren Aussagen zu treffen, die auf der Ebene der strategischen Planung benötigt werden.
Führen wir uns einen zweiten Punkt vor Augen: Agilität sollte helfen möglichst früh ein passendes Produkt an den Kunden auszuliefern und es Stück für Stück zu verbessern, nicht zu einem beliebigen Zieltermin ein perfektes Produkt zu erstellen. Der Zeitraum, für den ein Budget zur Finanzierung von Entwicklungen bereitgestellt wird, kennt immer einen Anfang und ein Ende. Das agile Vorgehen ist nur der Modus, wie innerhalb des Zeitraums an dem Thema gearbeitet wird.
Und: Dem Management kann es streng genommen völlig egal sein, wie die Teams ihr Ziel erreichen. Ob Wasserfall, Scrum oder sonst wie – egal, Hauptsache erfolgreich. Was gebraucht wird, sind vergleichbare und nachvollziehbare Informationen als Grundlage für Entscheidungen und eine erfolgreiche Ressourcenplanung. Hierfür werden gute Lösungen benötigt.