Agiles Ressourcenmanagement bringt Erfolge
Agiles Ressourcenmanagement bringt Erfolge

Agile Prinzipien als Orientierung für Ressourcenmanagement

9 min Lesedauer

Wie funktioniert Ressourcenmanagement in einer agilen Projektorganisation? Wie betrachte ich die personelle Machbarkeit eines Projekts, wenn klassische Vorgehensmodelle in der Praxis durch Scrum, Kanban oder DSDM Atern abgelöst werden? Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel Prinzipien für agiles Ressourcenmanagement.

1. Kapazitäten, Bedarfe und Ressourcen im agilen Kontext

Diese Fragen stellen sich viele Portfolioverantwortliche, Abteilungsleiter oder Ressourcen-Manager. Unabhängig davon, wer die treibenden Personen agiler Initiativen sind, wird der Augenmerk zunächst darauf gelegt, kooperativer, selbstverantwortlicher und effektiver zu arbeiten. Die darüber hinaus bestehende Notwendigkeit, Kapazitäten und Bedarfe gegeneinander zu halten um ein machbares realistisches Projektportfolio zu schaffen, steht nicht selbstverständlich als Frage im Raum.

Ressourcenmanagement – Brauchen wir das noch?

 

Nein

Sagen manche Vertreter agiler Initiativen. Besonders wenn z.B. eine Scrum-Initiative Bottom-Up in die Organisation hinein getragen wird und dabei der Produktentwicklungsprozess eines Einzelteams sowie persönliche Ansprüche an Arbeitsumfeld und Verantwortlichkeit Hauptmotivatoren sind. Manche wichtigen Bedürfnisse der restlichen Organisation werden aus dieser Perspektive nicht beachtet.

Ja

Sagen Andere denen klar wird, dass dies eine zu grobe Vereinfachung ist und es auch in Abteilungen, Bereichen oder ganzen Unternehmen die agil arbeiten einen Bedarf für Ressourcenmanagement gibt und genau betrachtet ein Scrum-Sprint auch den Zweck verfolgt Ressourcen mit Skills und Verfügbarkeit zur Lösung der zugesagten Ergebnisse zu sichern.

Verändertes Ressourcenmanagement

Aus meiner Erfahrung heraus ist es durchaus sinnvoll agile Initiativen zunächst etwas enger anzugehen und manche Aspekte auszublenden. Zu einem bestimmten Zeitpunkt reift dabei die Erkenntnis, dass wir auch in einem agilen Umfeld weiterhin Ressourcen managen wollen. So können wir den Überblick über unsere Leistungsfähigkeit zu behalten, die richtigen Menschen für bestimmte Aufgaben identifizieren und unseren Bedarf an externer Unterstützung planbar halten. Es verändern sich mit den agilen Prozessen lediglich die Rahmenbedingungen und die Parameter.

  • Wie also kann sich das Ressourcenmanagement ändern? Agil werden?
  • Was kann Ressourcenmanagement zur Stärkung des agilen Wandels beitragen?

2. Nehmen wir die agilen Prinzipien zur Hand

Die 12 Prinzipien aus dem agilen Manifest zur Hand zu nehmen ist generell empfehlenswert um jegliche Fragestellung hinsichtlich eines agilen Lösungsansatzes zu prüfen. Dies kann Jeder für sich im Alltag tun und es bietet sich an um die obigen Fragenstellungen zu erörtern.

Drei der zwölf Prinzipien haben einen klaren Bezug zu Ressourcenmanagement und führen zu konstruktiven Veränderungen im Prozess. Durch die Einnahme dieser Perspektive, lassen sich passende Maßnahme bzw. Schwerpunkte für ein agiles Ressourcenmanagement ableiten.

Das Prinzip der Kooperation

Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.

Eine Abbildung, die zeigt wie ein Manager und sein Team im Sinne des agilen Ressourcenmanagements zusammenarbeiten
Ressourcenplanung auf einzelne Bereiche beschränkt

Häufig gibt es in IT getriebenen Unternehmen die Konstellation, dass ausschließlich der Mitarbeitereinsatz des IT-Bereichs konkret geplant wird. Entwickler, Tester, Analysten, Projektleiter und Systemadministratoren zählen dann zu den begehrten Ressourcen die häufig um mehrere hundert Prozent überplant sind. Im besten Fall gibt es eine IT-Portfolioplanung mit Ressourcenmanagement die die Projekte nicht nur strategisch einordnet und nach Nutzwert priorisiert, sondern auch für eine kapazitative Machbarkeit sorgt. D.h. ganz im Sinn der agilen Prinzipien werden Projekte sequenziell eingeplant sobald die „Ressource Box“ erschöpft ist bzw. nicht mehr erweitert werden kann.

Allein auf weiter Flur

Was passiert allerdings, wenn diese optimal eingeplanten Softwareentwicklungsteams zum Projektstart alleine dastehen? Die notwendigen Stakeholder und Fachexperten aus der Buchhaltung, dem Controlling oder Onlinemarketing sind währenddessen gerade dabei neue Prozesse einzuführen, müssen nebenbei ihr operatives Saisongeschäft „wuppen“ bzw. den Jahresabschluss machen und sind zudem in quasi allen IT-Projekten im Portfolio involviert.

Neue Herausforderung Kooperation

Nicht, dass dies eine neue Situation wäre oder spezifisch mit Agilität einhergeht. Allerdings ist eine agile Entwicklung ausschließlich kooperativ und umfassend interdisziplinär denkbar. Gerade dieses Prinzip und dessen stringente Verankerung macht beispielsweise agile Softwareentwicklung so viel besser als klassisch organisierte Projekte in denen hier ggf. Kompromisse eingegangen werden. Durch mangelnde und kontinuierliche Kooperation und Zusammenarbeit mit den (internen) Auftraggebern entsteht mit der Gefahr am Bedarf „vorbei“ zu entwickeln eines der größten Risiken einer Software- oder Produktentwicklung.

Agiles Ressourcenmanagement für Alle

Aus dieser Überzeugung heraus scheint es unverzichtbar, dass sich das Ressourcenmanagement aktiv für die Planung aller Beteiligten verantwortlich zeigt und hierfür Prozesse etabliert.

Ressourcenmanagement muss hierfür nicht in allen Bereichen gleich detailliert und konstant betrieben werden. Lediglich das Ziel muss dabei klar sein: nämlich den Rahmen zu schaffen, dass Fachexperten und Entwickler während des Projekts täglich zusammenarbeiten können.

Erste einfache Maßnahmen um die Bildung kooperierende Teams zu unterstützen:

  1. Pro Projekt: Übersicht welche Abteilungen an den Vorhaben beteiligt sind
  2. Pro Bereich/Abteilung: Übersicht für welche Projekten eine Abteilung eingeplant ist
  3. Organisatorisch: Identifikation der Verantwortlichen für die dezentrale Kapazitätsplanung eines Bereichs/Abteilung
  4. Vereinbarungen mit dem Linienmanagement zu Freistellung und Form der Beteiligung von Mitarbeitern der Fachbereiche z.B. über dedizierte Projektmitarbeiter, Projektwochentage, -tageszeiten, temporäre Projektarbeitsplätze etc.

Eine solche abgeschwächte Form des Ressource Management schafft bereits einen guten Rahmen für das Stakeholder Management und konkrete Vereinbarungen durch Projekt- oder Produktmanager.

Das Prinzip selbstorganisierter Teams

Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.

Spieler einer Fußballmannschaft feiern einen Sieg
Eingespielt

Der Begriff eines „eingespielten Teams“ wird schon lange allgemeinsprachlich gebraucht und das Phasenmodell der Teambildung von Tuckman mit seinen 4 Stadien „Forming, Storming, Norming and Performing“ aus den 60er Jahren führte bereits vor allen agilen Frameworks dazu, dass kompetente Projektmanager viel dafür getan haben um stabile, gut besetzte und als Gruppe verantwortlich agierende Teams zu etablieren und „performen“ zu lassen.

Scrum definiert ein solches Team konsequenterweise als Voraussetzung für alle Werkzeuge und Regeln zur Zusammenarbeit und vereinheitlicht seine Grundstruktur durch feste Teamrollen. Aus welchen Mitgliedern diese Teams gebildet werden und mit welche Lösungen und Produkte sie jeweils schaffen bleibt individuell und durch die Organisation festzulegen.

Teamschnitt als neue Herausforderung

Herausragendes Teambuilding stellt große Herausforderungen für agile Organisationen dar. Einerseits müssen Knowhow und Skillset gut verteilt werden. Außerdem wird der Softfaktor „Chemie“ deutlich wichtiger als bei parallelen Teilzeiteinsätzen mit weniger Teambezug.

Hierbei verschwimmt Ressourcenmanagement mit organisatorischer Teambildung und es erfordert einer (agilen) kooperativen Zusammenarbeit zwischen Abteilungsleitern der Linienorganisation und den quer dazu organisierten projektfokussierten Ressource Managern.

Dynamische Teambildung als Aufgabe des Ressourcenmanagement

Die Synergien aus der Führungserfahrung und Menschenkenntnis eines Abteilungsleiters, der Selbsteinschätzung der Kolleginnen und Kollegen und der mathematisch strengen Herangehensweise eines Ressource Managers erscheinen Erfolg versprechend.

Wie wäre es, wenn der Ressource-Manager seine Optimierungsregeln für Auslastung und Zuordnung einzelner Knowhow-Träger ergänzt um Parameter zur konstanten Zusammenarbeit in einem Team und um persönliche Präferenzen?

Kann dabei eine andere Form der Ressourcenplanung entstehen aus der dynamisch und im besten Fall systematisch Teams anhand der Bedarfe und einer effizienten agilen Zusammenarbeit optimiert werden? Ist dies nicht besser als starr agile Teams zu definieren für die es eventuell beim nächsten strategischen Großprojekt in dieser Form keine passgenauen Aufgaben gibt?

Agiles Ressourcenmanagement kann auf Methoden, Werkzeuge und Tools zurückgreifen die agile Teams dynamisch sinnvoll zusammenstellen und im besten Fall dauerhaft etablieren.

Teambildende Parameter für die Ressourcenauswahl

Durch die Einbeziehung der folgenden Parameter kann das Management von Ressourcen zur positiven Verstärkung für agile Vorgehensweisen werden:

  1. „Häufigkeit der Zusammenarbeit“ als Entscheidungskriterium bei der Teambesetzung
  2. „Standort“ als hoch gewichteter Parameter
  3. Einführung eines persönlichen „Chemie“-Faktors durch die Mitarbeiter selbst
  4. Grad der Konstanz für „Themen / Produkte“
  5. Kapazitätstreue Planung auf Teamebene

Diese Faktoren ersetzen natürlich nicht andere Faktoren wie Qualifikation, Präferenzen für interne oder externe Besetzung, Kosten, Verfügbarkeit bzw. generell die Sachmittelplanung.

Diese Ansprüche an Ressourcenplanung stellen eine Herausforderung dar. Gut gelöst tragen Sie dazu bei den Rahmen zu schaffen für das agile Prinzip selbstorganisierter Teams. Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Lösungen und Produkte nicht nur einmalig geschaffen, sondern kontinuierlich optimiert und erweitert werden.

Damit stärkt die dynamische Teambildung ein weiteres agiles Prinzip:
“Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten ein gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.”

Das Prinzip des Timeboxings

Liefere funktionierende Ergebnisse regelmäßig innerhalb kurzer Zeitspannen.

Gemüsekisten auf einem Markt
Vom Timeboxing zum Resource-Boxing

Aus diesem agilen Prinzip resultiert die Methodik in Timeboxen zu arbeiten und dabei in einem festgelegten Zeitraum ein nutzbares, Mehrwert schaffendes Ergebnis zu liefern. Ohne es Ressourcenmanagement zu nennen ergänzen agile Frameworks wie Scrum zu diesem Prinzip die Skill- und Kapazitätskomponente indem Sie für eine Timebox („Sprint“ in Scrum) die Regel eines festen interdisziplinären Teams ergänzen das möglichst Vollzeit für die Dauer des Sprints zur Verfügung steht und ausreichend kompetent besetzt ist um die Aufgaben selbstständig umzusetzen. Vor jedem Sprint wird die tatsächliche Kapazität und Besetzung geprüft und für die Sprintplanung berücksichtigt.

In Kurzform bedeutet dies, dass sich für den Zeitraum einer Timebox ein Team aus mehreren Menschen mit bestimmtem Knowhow auf ein zu erzielendes Ergebnis festlegt. Dieses Commitment basiert daher kapazitativ auf einem „Ressource Boxing“ über den Zeitraum einer Timebox:

Ressource-Box:
Arbeitstage im Sprint * Anzahl eingeplanter Tester = Allokation einer „Ressource Box“ mit TestSkills

So gesehen sind die beteiligten Tester, Entwickler oder Analysten lediglich für einen Sprint über einen kurzen Zeitraum von 1-4 Wochen allokiert und als „Ressource Box“ fest eingeplant. Dafür allerdings zu 100%.

Ressourcenmanagement wird einfacher und flexibler

Dies vereinfacht die Planung im Vergleich zu klassischem Ressourcenmanagement deutlich, denn Kollegen Vollzeit auf genau ein Projekt oder Team zu verplanen ist einfacher als prozentual anteilig für mehrere parallel laufende Projekte. Es gibt jeweils nur einen einzigen Projekt- oder Produktmanager als Ansprechpartner und die Effizienz steigt für Alle bisher prozentual „geteilten“ Kollegen durch den reduzierten Kontext-Wechsel und die stärker sequentielle Arbeit.

Über diesen positiven Effekt hinaus, schafft die Kurzzeitallokation für Sprints eine neue Flexibilität. Unter Umständen steht zwar für ein Projekt eine Schlüsselressource für 2, 3 oder 4 Wochen nicht zur Verfügung. Im Unterschied allerdings zu sehr langen Allokationen im klassischen Ressourcenmanagement kann im agilen Umfeld eine Person oder ggf. ein ganzes Team nach Abschluss des Sprints auch flexibel neu eingesetzt werden. Und zwar mit voller Kraft.

Mehr Team Knowhow – weniger Einzelskills

Im Idealfall bleibt das Team dabei zusammen und außer den Einzelskills wird das eingespielte Team mit seiner Dynamik und seinen selbst optimierten Arbeitsprozessen für neue Aufgaben eingeplant. Dies funktioniert immer dann, wenn regelmäßig ausreichend Projekte oder Aufgaben für genau diese Teamkonstellation initiiert werden.

Das Ressourcenmanagement kann zusammen mit der Portfolioplanung dazu beitragen, das agile Prinzip der selbstorganisierten Teams zu optimieren. Im Lauf der Zeit bilden sich Teams, die längerfristig en bloc eingeplant werden und nur bei konkretem Bedarf durch externe Berater, Urlaubsvertretungen oder Spezialisten ergänzt werden.

Timeboxing vereinfacht und schafft Flexibilität
  1. Feste Zyklen, 100% Allokation und sequenzielle Bearbeitung vereinfachen die Planung
  2. Kurzzeitallokationen für Sprint-Dauer schafft Flexibilität für Ressourcenallokation
  3. Eine Optimierung ist durch passenden Projekt- und Teamschnitt möglich

3. Resümee

Eine Abbildung eines Leuchtturms, der hier als Sinnbild für Neuorientierungen dient

Neuorientierung im Ressourcenmanagement

Durch agile Frameworks und Methoden erübrigt sich keinesfalls die Planung von Kapazitäten und Bedarfen. Im Gegenteil: Durch eine teilweise Neu-Erfindung kann Ressourcenmanagement zu einer stützenden Säule bei der Mehrwertstiftung durch agile Methoden werden: Agiles Ressourcenmanagement.

Wie dies genau geschieht ist stark abhängig vom Ausgangspunkt, der Organisationsgröße und -struktur sowie der inhaltlichen Vielfältigkeit von Projektaufträgen.

Agile Methoden erfordern ein Umdenken für die Organisation. Insbesondere für alle Ressourcenmanager, deren Ziel es werden kann, einen dynamischen Rahmen für kooperative, Ergebnis orientierte, fokussierte, interdisziplinäre sowie flexibel einsetzbare Teams zu schaffen.

Prinzipien

Die Herleitung über die agilen Prinzipien und der bewusste Perspektivenfokus auf Ressourcenmanagement, soll anregen über dieses spannende, noch nicht umfassend diskutierte Thema nachzudenken und Lösungsräume im eigenen Umfeld oder sogar übergreifend zu schaffen und zu beschreiben.

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