Projektportfoliomanagement baut Brücken bei Mergers & Acquisitions

Keine Zeit – wir fusionieren grad!

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Mergers & Acquisitions – und welche Rolle Projektportfoliomanagement dabei spielt

Schon seit Monaten pfiffen es die Spatzen aus den Kaffeeküchen. Und dann, auf der letzten Betriebsversammlung wurde es offiziell: Kurs auf Mergers &  Acquisitions, eine Unternehmensfusion steht an! Und dabei hatte man sich gerade erst an das neue alte Firmenlogo gewöhnt.

Was passiert jetzt eigentlich mit dem großen Reorganisationsprojekt, das wir erst vor einem halben Jahr begonnen haben? Wird das jetzt abgebrochen? Und die „Neuen“ arbeiten angeblich mit diesem Software-Koloss ABC. Das hatten wir doch gerade erst schmerzvoll abgeschafft! Welche Rolle spielt Projektportfoliomanagement beim Thema Mergers & Acquisitions?

Das Projektportfolio auf den Kopf gestellt

Die Verschmelzung mit einem anderen Unternehmen, egal ob Fusion oder Übernahme, wird auf Managementebene gern in Superlativen umschrieben: neue Märkte, neue Synergien, neue Produkte – heute Wiedenborstel, morgen die Welt. Zuerst aber wächst einmal das Projektportfolio. Die Verschmelzung ist ja nichts anderes als ein Programm, bestehend aus einer Vielzahl an Projekten zur Zusammenführung von Verwaltung, IT, Unternehmenskultur… usw.

Das bis gestern noch gültige Projektportfolio wird in seiner Struktur dadurch mal eben auf den Kopf gestellt, da in der Regel nun erst einmal das Integrationsprojekt oberste Priorität hat. Und dann bringen die “Neuen“ auch noch ihr eigenes Projektportfolio, ihren eigenen Projektportfoliomanagement-Prozess und ihre eigenen Tools mit.

Change Management unter Zeitdruck

Ich habe selbst eine solche Unternehmensfusion miterlebt, die auch nach mehreren Jahren noch nicht abgeschlossen war. Und ich erlebe auch immer wieder, dass Kunden für Monate quasi nicht erreichbar sind, da sie grade durch eine Fusion oder Übernahme gehen. „Keine Zeit – wir fusionieren grad!“ heißt es dann.

Und genau hier liegt die größte Gefahr – auch aus Sicht des Change-Management. Wenn laufende Projekte von heute auf morgen gestoppt werden, wenn bestehende Verpflichtungen zurückgestellt werden, weil zu viel Kapazität ungeplant in das Integrationsprojekt umgeschichtet wird, kann das schnell zu ungewünschten Konsequenzen führen – nach außen wie nach innen. Das gleiche gilt für das Gegenteil: blindes Weiterführen von Bestandsprojekten, die eigentlich keine Priorität mehr genießen.

Was passiert: Mitarbeiter sind frustriert, Kapazität wird verschwendet oder nicht optimal eingesetzt, wichtige Projekte verzögern sich, Budgets werden falsch investiert.

Es kann nicht allein um den Fusionserfolg gehen, sondern auch um die Erhaltung der Unternehmenssubstanz. Daher sollte man sich die Auswirkungen einer Fusion auf das Projektportfolio rechtzeitig bewusstmachen. Eine rechtzeitige Einplanung der Fusion in das Projektportfolio der einzelnen beteiligten Unternehmen hilft, schnell Klarheit über die tatsächlichen Anforderungen an die dafür benötigte Kapazität sowie die direkten Auswirkungen auf das bestehende Bestandsportfolio zu bekommen: Ja, wir wollen fusionieren, aber wie stellen wir derweil unsere Kundenverpflichtungen sicher? Die Fokussierung auf die Integration darf nicht gleichzeitig die Vernachlässigung wichtiger Projekte bedeuten. Wie wichtig dabei die Rolle des Project Management Office ist, die Integration zu orchestrieren, beschreibt unter anderem Allen Koivo in diesem Blogartikel.

Eine Fusion ist irgendwie auch ein Projekt

Eine Firmenfusion ist auch ein Projekt

Idealerweise sollte also das Projekt „Fusion“ von vornherein im Rahmen des etablierten PPM-Prozesses eingeplant und bewertet werden. Welche Teilprojekte sind damit verbunden und in welcher zeitlichen Reihenfolge müssen sie ablaufen? Welche Mitarbeiter werden dafür benötigt? Und welche Konsequenzen ergeben sich also für das bestehende Projektportfolio? Rechtzeitige Handlungsempfehlungen können hier viel Geld, Zeit und Nerven sparen.

Im zweiten Schritt müssen im Rahmen der Integration die Projektportfolios der beteiligten Unternehmen neu bewertet und schließlich zusammengeführt werden: Welche Projekte sind durch die Fusion irrelevant oder wertlos geworden? Welche Projekte kommen neu hinzu? Wie kann die neue, größere Ressourcenbasis am effektivsten genutzt werden?

Zunächst ist es dafür erforderlich, neue strategische Bewertungskriterien für das entstehende Gesamtprojektportfolio zu definieren. Diese sollten den durch die Fusion entstehenden neuen Prioritäten und Handlungsfeldern Rechnung tragen. Auf einmal ist nicht mehr die Bedienung der Bestandskunden oberstes Ziel, sondern die rasche Erschließung der neu verfügbaren Märkte. Oder die Stärkung der entstandenen Unternehmensmarke durch intensives Marketing. Ein rechtzeitiges Umplanen der Kapazitäten von Projekten der „alten Welt“ in die „neue Welt“ hilft, diese neuen Prioritäten schnell und effektiv zu verfolgen.

Gleichzeitig muss die PPM-Governance rasch eine Vereinheitlichung innerhalb der neuen Gesamtorganisation erfahren. Der Prozess soll die Handlungsfähigkeit und Effektivität im Projektportfoliomanagement gewährleisten. So erhält die neue Organisation ihre strategische Planungsebene und kann gleichzeitig schnell auf Unvorhergesehenes reagieren. Dabei gilt: Einfach, schnell, effektiv – PPM soll keine Rocket Science sein, sondern ein Unterstützungsinstrument vor, während und nach einer erfolgreichen Fusion.

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