Critical Chain Project Management
In den 1990er Jahren wendete Goldratt die Theory of Constraints aufs Projektmanagement an – Critical Chain Project Management (Goldratt, Eliyahu M.: Critical Chain, The North River Press, 1997). Im „Produktionssystem“ eines Projekts soll CCPM die Erzeugung stetigen Fortschritts unter Kenntnis begrenzender Ressourcen sicherstellen. Das Produktionssystem ist die Wertschöpfung im Projekt – dargestellt im Projektplan. Dort wird die Abfolge der Vorgänge, deren Abhängigkeiten und die Nutzung der Ressourcen festgelegt.
Nicht verwechselt werden sollte Critical Chain Project Management mit dem kritischen Pfad, dem Critical Path (CP). Bei letzterem werden die „kritischen“ Vorgänge gesucht, also die Vorgänge, deren Verspätung das Projektende gefährden. Siehe hierzu die untenstehende Abbildung:
Die roten Vorgänge liegen auf dem kritischen Pfad – durch eine Verzögerung verspätet sich das ganze Projekt; der blaue Vorgang hingegen hat mehr als 7 Wochen Zeitpuffer.
CCPM setzt sich nicht nur mit der prognostizierten Dauer von Vorgängen auseinander, sondern erkennt an, dass sich Unsicherheiten und Risiken insbesondere auf die Verfügbarkeit von Menschen und Equipment auswirken. Goldratt schlägt deswegen verschiedene Gegenmaßnahmen vor, um einen stetigen Fluß der Arbeit durch das Projektsystem zu erreichen.
Erstens:
Multi-Tasking, also das Springen zwischen verschiedenen Tätigkeiten, ist ineffizient. Schließlich geht durch die geistige Umstellung auf das nächste Thema Zeit verloren – Experten behaupten um die 40%. Es sollten also von vornherein nicht zu viele Projekte gleichzeitig gestartet werden.
Erinnern Sie sich an den Drum-Buffer-Rope oben? Also – es sollte nur so viel neues Material (Projekte) ins System aufgenommen werden, wie der Engpass (der Mensch) verarbeiten kann. In der folgenden Abbildung wird das anhand eines „Tetris“ Screenshots eines Ressourcengebirges deutlich – Paula scheint in vielen Projekten gleichzeitig gebunden zu sein. Wahrscheinlich in zu vielen.
Zweitens:
Zweitens sucht das CCPM, genau wie die TOC, den Engpass. Engpassressourcen sind die Menschen oder das Equipment, die überlastet sind und auf die Projekte ständig warten müssen. Im Gegensatz zur CP-Methode bestimmen jedoch die Ressourcen die Folge von Vorgängen, deren Verzögerung das Projektende gefährdet. Das kann auch über Ketten hinweg der Fall sein. In der folgenden Abbildung wird deutlich, dass „Peter“ hier die kritische Kette bestimmt.
Sämtliche Tätigkeiten, in denen Engpassressourcen verplant werden, müssen bei der Projektplanung deswegen „gepuffert“ werden. Wie?
- Genug Zeit um den Einsatz dieser Ressourcen herum einplanen und somit vorwegnehmen, dass sie nicht rechtzeitig verfügbar sind. Goldratt bezeichnet diese Puffer als „feeding buffer“.
- Ersatz-Personal oder Zusatz-Personal suchen, auch wenn es nicht gleich effizient ist.
Drittens:
Goldratt geht davon aus, dass in jede Tätigkeit Puffer eingeschätzt werden. Das sei aus zwei Gründen schlecht: Wenn es zu viel Puffer war, ergibt sich ein unnötiges Warten auf das „offizielle Ende“ des Vorgangs – eigentlich hätte schon früher begonnen werden können. Wenn es zu wenig Puffer war, gerät der Projektplan durcheinander.
Goldratts Lösung: Statt an jeden Vorgang Puffer anzuhängen, werden alle Puffer zusammengestrichen und in ihrer Gesamtheit ans Ende des Projekts gehängt. Sobald ein Vorgang abgearbeitet ist, wird unmittelbar der nächste begonnen. Sollte ein Vorgang länger brauchen, wird der Gesamt-Puffer („Project-Buffer“) aufgebraucht. Auf Zwischenmeilensteine zur Fortschrittsmessung wird konsequenterweise verzichtet.
Viertens:
Auf Zwischenmeilensteine zur Fortschrittsmessung wird konsequenterweise verzichtet. Anders als bei der „Earned Value Analyse“ wird Fortschritt nicht anhand der erledigten Arbeitspakete, sondern entlang der verbrauchten Zeit gemessen. Und genau diese wird dem verbrauchten Zeitpuffer gegenübergestellt. Es geht also primär nicht um die verbrauchten Aufwände, sondern um den zeitlichen Fortschritt. Wie bitte? Das führt ja zu Aufwandsüberschreitungen! Vielleicht – ja, diese werden genauso wenig gemessen, wie Aufwands-Unterschreitungen – es geht um die Auslieferung des Ergebnisses. Haben Sie das schon einmal gehört?
Klingt irgendwie agil, oder?
Fünftens:
CCPM ermutigt Projektteams zu Offenheit und Kommunikation im Team als auch über Teams hinweg. Engpässe sollen gefunden und Lösungen gemeinsam erarbeitet werden, ohne auf die Intervention des Managements zu warten.