Entscheidungen treffen bei der Projektpriorisierung
Entscheidungen treffen bei der Projektpriorisierung

Projektpriorisierung: Hören Sie auf, die falschen Projekte zu machen!

9 min Lesedauer

Ranking, Scoring und Domain-Ansatz im Überblick

Knapp, knapper, Ressourcen. Das gilt im Portfoliomanagement schon immer. War jedoch früher das liebe Geld in Unternehmen die knappste Ressource, sind es heute die Mitarbeiter. Die Arbeitszeit und die Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter sind der limitierende Faktor, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht. Umso wichtiger, dass alle an den richtigen und wichtigen Projekten arbeiten – falsche Entscheidungen an dieser Stelle können Ihr Unternehmen tödlich verwunden. Ohne eine strategische Projektpriorisierung geht es also nicht. (Und das sagen nicht wir, sondern das Harvard Business Review).

Die drei Methoden zur Projektpriorisierung

Wenn man naiv an das Thema Projektpriorisierung herangeht, scheint es eigentlich ganz einfach zu sein. Prüfen Sie alle Ihre aktuellen und anstehenden Projekte und fragen Sie sich, welche Projekte Ihnen am meisten bringen. Allokieren Sie Ihre Ressourcen auf diese Projekte. Fertig.

Vermutlich sitzen Sie jetzt gerade kopfschüttelnd vor dem Bildschirm – und Sie haben Recht. Was so einfach klingt, ist verdammt harte Arbeit und wirklich schwer. Möglicherweise haben Sie sehr viele Projekte zu bewerten. Oder in Ihrem Unternehmen ist nicht ganz klar, welche Bewertungskriterien überhaupt angelegt werden sollen. Oder Sie haben zu viele Prio-1-Projekte. Kurzum, Sie werden nicht ohne eine Methode auskommen. Und damit meinen wir nicht die Bauchgefühl-Methode oder die „First-in first-out“-Methode.

In diesem Beitrag stellen wir Ihnen verschiedene Ansätze und Methoden für die Projektpriorisierung vor und geben Ihnen einen Eindruck davon, wie Meisterplan Sie bei der Umsetzung unterstützt.

  • Die Ranking-Methode ist die einfachste und zwingt Sie, Ihre Projekte in eine Rangfolge zu bringen.
  • Die Scoring-Methode berücksichtigt deutlich mehr Faktoren und setzt zudem meist auf ein komplexeres System an Gewichtungen. So bildet sie, bei richtiger Anwendung, sehr genau den Strategiebeitrag oder die Werthaltigkeit aller Projekte ab.
  • Beim Domain-Ansatz besteht der wichtigste Kniff darin, Verantwortung loszulassen und die Projektpriorisierung dezentral in verschiedenen Domains (daher der Name) zu organisieren. Die Verantwortlichen in den Domains entscheiden dann meist selbstständig, wie sie ihre Projekte priorisieren (z. B. mit der Ranking- oder der Scoring-Methode).

Nur die Nummer 1 ist die Nummer 1!
Die Ranking-Methode

Die Ranking-Methode ist mit dem Siegertreppchen bei den Olympischen Spielen vergleichbar. Ganz oben steht der „beste“ Sportler gemessen an dem, was in dem jeweiligen Wettbewerb gemessen wurde, z. B. wer am schnellsten Rennen konnte.

Ja, der Sportler auf dem zweiten Platz ist auch ein Vorzeigeathlet, der sehr sehr schnell rennen kann. Vielleicht ist er zudem auch noch der bessere Schachspieler. Aber es ging eben ums Rennen und er war 0.002 Sekunden langsamer, also steht er auf dem zweiten Platz. Ganz egal wie toll durchtrainiert seine Beine sind. Genauso steht in der Ranking-Methode nur ein Projekt auf dem ersten Platz, je nachdem welches Ihre Kriterien am besten erfüllt. Das Projekt auf Platz zwei hat vermutlich auch einen tollen RoI – aber es liegt eben auf Platz zwei hinter dem Projekt mit dem noch tolleren RoI.

Damit sehen wir den größten Vorteil, den Sie von der Ranking-Methode haben: Sie zwingen sich konsequent dazu, Entscheidungen zu treffen. Und Sie entwickeln klare Kriterien und Prozesse, um dies zu tun und jedem Projekt einen eindeutigen Rang zuzuordnen.

Um das Ranking zu erstellen, prüfen Sie die Projekte auf Kriterien, die Sie zuvor festgelegt haben. In der Regel werden dafür nur ein bis zwei Kriterien herangezogen. Und hier kommt der potentielle Nachteil der Ranking-Methode ins Spiel: Sie ist die einfachste Methode zur Projektpriorisierung und funktioniert am besten bei Projekten, die sich auf Basis relativ einfacher Kriterien vergleichen lassen. Wer komplexere Bewertungen braucht oder sehr unterschiedliche oder sehr viele Projekte miteinander vergleichen muss, greift besser zur Scoring-Methode.

Projekte können nach der Ranking-Methode priorisiert werden
Mögliche Ranking-Faktoren sind:
  • Wie hoch ist der erwartete Return-on-Investment des Projekts?
  • Wie hoch ist der Kundennutzen des Projekts im Vergleich zum notwendigen Invest?
  • Wie hoch ist der Strategiebeitrag des Projekts im Vergleich zum notwendigen Invest?

Was bringt am meisten?
Die Scoring-Methode

Oft reicht ein Ranking anhand weniger Kriterien nicht aus und Sie müssen Projekte umfassender bewerten oder sehr unterschiedliche Projekte miteinander vergleichen. Hier kommt die Scoring-Methode ins Spiel, für die Sie ein deutlich ausgefeilteres Bewertungssystem entwickeln und damit einen Punktwert für Ihre Projekte entwickeln. Hier sehen Sie einige gängige Bewertungskriterien für die Projektpriorisierung nach der Scoring-Methode:

Projektepriorisieren ist harte Arbeit
Wirtschaftlicher Nutzen
  • Welche Amortisationsdauer hat das Projekt?
  • Wie hoch ist der erwartete Umsatz des Projekts?
  • Welche Kosten verursacht das Projekt?
Strategische Bedeutung/Nutzen
  • Wie wichtig ist das Projekt für die Umsetzung der Unternehmensstrategie?
  • Schafft das Projekt einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern oder holt es einen Rückstand gegenüber Wettbewerbern auf?
  • Reduziert das Projekt Kosten?
  • Erhöht das Projekt die Kundenzufriedenheit?
  • Erhöht das Projekt die Mitarbeiterzufriedenheit und die Mitarbeiterbindung?
Dringlichkeit
  • Gibt es gesetzliche Vorgaben, die eine Umsetzung des Projekts erfordern?
  • Gibt es zugesicherte Deadlines für das Projekt?
  • Sind andere wichtige Projekte von der Umsetzung dieses Projekts abhängig?
Zero-Base-Budgeting/Risiko
  • Gibt es einen Betriebsausfall, wenn das Projekt nicht durchgeführt wird?
  • Gibt es einen Imageverlust, wenn das Projekt nicht umgesetzt wird?
  • Gibt es Mehrkosten, wenn das Projekt nicht gemacht wird?
  • Ist das Projekt bereits zu mehr als 70% fertiggestellt?

Sie sehen schon: Nicht alle aufgeführten Kriterien passen zu Ihrer Organisation und der Art der Projekte, die Sie durchführen. Der Fertigstellungsgrad eines Projekts spielt für Sie vielleicht keine Rolle, weil sich Ihre Projekte problemlos unterbrechen und wieder aufnehmen lassen. Dafür ist Ihnen möglicherweise der Strategiebeitrag eines Projekts sehr wichtig. Es gibt viele Möglichkeiten, aber Sie erkennen gute Kriterien daran, dass sie einfach anzuwenden und verständlich sind und in Ihrem Unternehmen auf breite Akzeptanz stoßen.

So werden Ihre Bewertungskriterien vergleichbar

Um vergleichbar zu sein, müssen Ihre Kriterien zudem in Punktwerte umgesetzt werden. Sie könnten beispielsweise mit einer Skala von 0 bis 100 arbeiten. Bezüglich der Amortisationsdauer eines Projekts könnte das dann so aussehen:

  • 0: Nie. Das Projekt wird sich nie amortisieren.
  • 25: Sehr lange. Das Projekt wird sich erst in 10 Jahren oder mehr amortisieren.
  • 50: Lange. Das Projekt wird sich erst in 5 bis 10 Jahren amortisieren.
  • 75: Mittel. Das Projekt wird sich in 2 bis 5 Jahren amortisieren.
  • 100: Kurz. Das Projekt wird sich in bis zu zwei Jahren amortisieren.

Wenn Ihr Kriterienkatalog steht, haben Sie vielleicht schon ein funktionierendes System für Ihr Projekt-Scoring. Eventuell brauchen Sie aber auch noch eine Gewichtung der einzelnen Bereiche. Vielleicht wollen Sie die Punktzahl der strategischen Kriterien doppelt werten oder sicherstellen, dass vor lauter Komplexität des Scoring-Systems das Pekuniäre nicht aus dem Blick gerät und gewichten den erwarteten RoI entsprechend. Hier haben Sie die Gelegenheit das Scoring-System noch weiter an Ihre Ziele und an Ihr Unternehmen anzupassen.

Wie bei der einfachen Ranking-Methode erhalten Sie als Ergebnis des Scorings eine Rangfolge Ihrer Projekte nach Punktwert. Das Projekt mit der höchsten Priorität steht nun ganz oben. Und auch hier können Sie nun Ressourcen von oben nach unten allokieren. Oder Sie lösen das Scoring in einer Matrix auf, um beispielsweise jeweils ein Projekt mit kurzer, mittlerer und längerer Amortisationsdauer zu verfolgen. (Quelle: Harvard Business Review)

Die Nachteile der Scoring-Methode

Das ist toll, aber wir wollen eine kleine Warnung aussprechen: Die Scoring-Methode verleitet dazu, einen langen Katalog an Kriterien mit komplexen Gewichtungsformeln zu erarbeiten. Doch jedes Kriterium verursacht aber mehr Aufwand für Ihr PMO, Ihr Portfolio Board, Ihre Projektleiter – je nachdem, wer für die Projektbewertung mit zuständig ist. Vor allem, wenn Sie mehrere Mitarbeiter eine Bewertung vornehmen lassen um den Mittelwert zu ermitteln, steigert jedes Kriterium den Arbeitsaufwand drastisch.

Zudem sorgt jedes Kriterium dafür, dass Ihr Ergebnis unschärfer wird. Oft liegen nicht alle Informationen in ausreichender Qualität vor und es gelangen halb-geratene Erwartungen in die Analyse. Diese Scheingenauigkeit verhilft Ihnen nicht zu einem aussagekräftigen Scoring.

Sorgen Sie also für einen guten Informationsfluss insbesondere in frühen Projektplanungsphasen. Proposal Coachings zwischen Ihrem Portfolio-Koordinator und dem Initiator eines Projekts verbessern ebenfalls die Datenqualität und damit Ihr Scoring.

Auch die Scoring-Methode lässt sich hervorragend in Meisterplan abbilden. Meisterplan gibt Ihnen die Freiheit, Ihr eigenes Scoring-System zu entwickeln. Kriterien, Punktwerte und Gewichtungen – all das legen Sie ganz einfach selbst fest. Einmal bewertet können Sie mit Meisterplan Ihre Projekte oder Projektgruppen automatisch nach dem Scoring sortieren lassen. Oft haben Sie allein damit schon ein hervorragendes Portfolio erstellt.

Kontrolle ist nicht immer alles:
Der dezentrale Domain-Ansatz

Sie haben gerne die Kontrolle und geben nur ungern Verantwortung ab? Dann müssen Sie jetzt ganz tief durchatmen! Für eine erfolgreiche Implementierung des Domain-Ansatzes, müssen Sie Teile der Projektpriorisierung delegieren. Wenn Sie sich ernsthaft Gedanken über diesen Ansatz machen, ist dies unvermeidlich. 20 Projekte konnten Sie vermutlich mit der einfachen Ranking-Methode organisieren und in der Größenordnung 100 Projekte und aufwärts war die Scoring-Methode extrem hilfreich. Aber wenn wir jetzt von 1.000 und mehr Projekten reden, dann brauchen Sie entweder ein mannstarkes PMO, das in der Lage ist, die Projektmenge weiterhin zentral zu handhaben, oder einen dezentralen Ansatz.

Mannstarkes PMO

Während eine zentrale Lösung das Gefühl gibt, die Kontrolle zu behalten, ist damit auch sehr viel Aufwand verbunden. Ein zentrales Scoring und eine zentrale Priorisierung über ein Portfolio Board wird schnell ein Full-Time-Job für mehr als nur einen PMO. Eine alternative Lösung ist der sogenannte Domain-Ansatz, der Teilverantwortung über das Scoring und die Priorisierung abgibt.

So funktioniert der dezentrale Domain-Ansatz

Sie definieren innerhalb Ihres Unternehmens Themenbereiche, die so genannten Domains. Diese Domains entsprechen nicht Ihren Geschäftsbereichen sondern sind Querschnitte über die Abteilungen. In der Domain Kundenzufriedenheit wären also beispielsweise Mitarbeiter aus Sales, Marketing und IT. Die Domains sollten stabil sein, und potentiell mehrere Jahre bestehen bleiben.

Die interdisziplinären Domains übernehmen die Verantwortung für die Projektpriorisierung in ihrem Themenbereich. Ob sie dabei Rankings erstellen oder die Scoring-Methode anwenden ist ihnen überlassen. Als Ergebnis präsentieren die einzelnen Domains ihr Programm beziehungsweise ihr Teilportfolio der Geschäftsführung und dem Portfolio Board. Dieses wiederum vergibt an die Domains dann Ressourcen (z.B. finanzielle Ressourcen und Personentage).

Die Ressourcenzuweisung erfolgt anhand des Nutzens einer Domain und des Domainprogramms für die Strategie des Unternehmens. Auf das Teilportfolio selbst sollte die Führungsebene an dieser Stelle allerdings keinen Einfluss mehr nehmen.

Der Vorteil des Domain-Ansatzes: Sie geben Verantwortung ab und Ihr Portfolio Board muss nicht mehr alle Projekte selbst auf den Prüfstand stellen. Durch die Höhe der Budgets für die Domains sind Geschäftsführung und Portfolio Board dennoch strategisch involviert.

(Quelle: Priorisierung von Projekten: Das Projektportfoliomanagement und seine Methoden am Fallbeispiel einer Universalbank. Hoffmann/Rentrop, Zeitschrift Führung und Organisation, 2012)

Ein Team, das Initiativen für das Projektportfoliomanagement sammelt

Sie fragen sich bestimmt schon, wie sich der Domain-Ansatz in Meisterplan umsetzen ließe. Die Antwort ist wie immer: Ganz einfach. Sie weisen einfach jeder Domain ein eigenes Portfolio zu, in dem die Verantwortlichen Projekte mit der Methode priorisieren, die für sie am besten funktioniert. Ihre Geschäftsführung oder Portfolio Board kann dabei in der Gesamtansicht für Ihr Unternehmen dennoch problemlos alle Projekte und deren Prioritäten auf einmal einsehen. Probieren Sie es gerne aus.

Die Planung von Ressourcen auf die richtigen Projekte ist das Herz von Projektportfoliomanagement. Doch welche Projekte sind es wert, dass an ihnen gearbeitet wird? Dazu hat dieser Blog Post zum Thema Projektpriorisierung hoffentlich Denkanstöße und Methodenwissen geliefert.

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